Tansania

"Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, werden das Antlitz der Welt verändern."

(Sprichwort aus Tansania)

Datum:

2. Juli 2008 bis 12. Juli 2008

2. August 2008 bis 1. September 2008

Strecke:

Bis Rwanda: 1'962 km, nach Rwanda: 3'296 km, total: 5'258 km

Diesel:

2'000 Shilling/Liter (Babati) bis 2'150 Shilling/Liter (Mbeya)  

Währung:

Tanzania Shilling; 1 US-$ = 1'160 Shilling 

Visum:

50 US-$; an der Grenze ausgestellt

Route:

Route bis Rwanda

Ibanda (Grenze zu Malawi) - Mbeya - Tunduma - Miangalua - Tunduma - Mbalizi - Tunduma - Sumbawanga - Chala - Mpanda - Uvinza - Kasulu - Kibondo - Rusumu (Grenze zu Rwanda)

 

Route nach Rwanda

Rusumu (Grenze zu Rwanda) - Runzewe - Kahama - Shinyanga - Old Shinyanga - Bubiki - Mwanza - Lamada - Serengeti National Park - Ngorongoro Conservation Area - Karutu - Makuyuni - Babati - Kondoa - Dodoma - Morogoro - Dar es Salaam - Chalinze - Korogwe - Same - Moshi - Arusha - Namanga (Grenze zu Kenia)

Klima:

Temperaturen:

Sonnentage:

Regentage:

Durchzogene Tage:

Ø  16 ° C  bis Ø 30 ° C

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Fotoalbum Tansania 1

Fotoalbum Tansania 2

Tagebuch

2. Juli 2008

...Tansania, wo Swahili die offizielle Amtssprache ist. Die Einreise erfolgt zügig, und nach einer knappen Stunde sind wir bereits neben Pfeffer-, Kaffee- und Bananenplantagen auf der Teerstrasse nach Mbeya, einer auf 1'700 m.ü.M gelegenen jüngeren Stadt unterwegs. Die Strasse windet sich steil und kurvenreich auf gut 2'300 m.ü.M., bis sie wieder abfällt. In Mbeya angekommen, füllen wir unsere Vorräte randvoll auf und übernachten nach einer langen Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz und nach einiger Überzeugungsarbeit des Personals im Innenhof des Grand Palm Hotels. Die Nacht ist leider sehr unruhig, da bis weit in den Morgen hinein die laute Musik aus der nahe gelegenen Disco dröhnt und uns den Schlaf raubt.

3. Juli 2008

Nach dem Essen soll man ruh’n, oder tausend Schritte tun. Deshalb machen wir uns auf den Weg in Richtung Potoro Mountains (südlich von Mbeya), wo sich der Ngozi-Kratersee befinden soll. Dabei soll es sich um den schönsten Kratersee Tansanias handeln. Bei der Eingangsschranke werden wir darauf hingewiesen, dass wir zwingend einen Führer mitnehmen müssen. Nach einem kurzen Verhandlungsgespräch einigen wir uns über den Preis des Führers. Da wir im Santi nur zwei Sitzplätze haben und der Führer auf dem Beifahrersitz Platz nimmt, verbringt Helen die Anfahrt auf dem Schlafbrett liegend. Die anfänglich gute Piste ändert zu einer schmalen Piste durch richtigen Regenwald. Schon diese Anfahrt lässt unser Herz höher schlagen.

Nachdem wir den Santi am Ende des Weges parkieren, erfolgt der steile Aufstieg auf einem schmalen Pfad durch dichtes und artenreiches Regenwaldgebiet. Die Erde ist oft sehr rutschig, und nur mit Glück kommen wir ohne Sturz nach einem dreiviertelstündigen Marsch am Kraterrand an. Die Aussicht ist überwältigend. Etwa 250 m unter uns breitet sich der 2 km lange und 1 km breite Kratersee aus. Er ist umgeben von steilen bewaldeten Berghängen und soll gemäss Aussagen unseres Führers salzhaltig sein. Uns umgibt eine absolute Stille, die nicht einmal durch Vogelgezwitscher unterbrochen wird.

Nach dem glitschigen Abstieg geht die Fahrt zurück nach Mbeya und dann in südwestlicher Richtung weiter. Eigentlich sind wir auf der Suche nach einer im Reiseführer aufgeführten Lodge, aber leider verfahren wir uns und übernachten etwas ausserhalb eines Dorfes hinter ein paar Bäumen.

4. Juli 2008

Beim gemütlichen Morgenessen kommen plötzlich vier Männer auf uns zu, welche uns zu verstehen geben, dass wir bei unserer Ankunft in diesem kleinen Dörfchen doch den Officer über unsere Anwesenheit hätten benachrichtigen sollen. Angeblich soll dieser für Besucher zuständig sein und wenn wir umgebracht würden, würde dieser zur Verantwortung gezogen werden. Um diese Verantwortung zu vergüten, sollen wir doch eine Übernachtungsgebühr bezahlen. Wir übergeben ihnen ein paar leere CDs, welche wir irrtümlich eingepackt haben und seit unserer Abfahrt nutzlos durch Afrika kutschieren, worauf sie zufrieden abziehen. Uns war natürlich klar, dass es ihnen lediglich darum ging, Geld zu erhalten.

Wie wir dieselbe Piste zurückfahren, fällt uns ein für uns leicht überladenes Sammeltaxi auf. Immer wieder erstaunt es uns, wie viele Menschen und Gepäck auf einem solchen Lieferwagen untergebraucht werden können. Dass diese Lieferwagen nicht nur viele Menschen fassen können, zeigt uns auch der Lieferwagen mit den Kochbananen.

Heute besichtigen wir den im Jahre1942 entdeckten Mbozi-Meteorit, ist doch solch ein Naturereignis nicht gerade alltäglich. Der Mbozi Meteorit ist der drittgrösste Meteorit der Welt und wiegt ganze 13 Tonnen. Neben dem Gewicht zeichnet er seine Besonderheit in dessen Zusammensetzung aus, welche aus über 90 % Eisen und über 9 % Nickel besteht. Beim Meteoriten bezahlen für die Fotoerlaubnis 5'000 Shilling und fahren kurz darauf weiter in Richtung Tunduma.

Schon bald befahren wir eine knüppelharte Piste. Brutales Wellblech löst sich mit scharfkantigen Steinen und Sandkuhlen ab – alles natürlich gespickt mit unzähligen tiefen Schlaglöchern. Nach 110 gefahrenen Kilometern wird uns eines dieser Schlaglöcher leider zum Verhängnis, denn plötzlich macht es „Klonk!“, und die Blattfeder des rechten Vorderrades ist gebrochen. Es bleibt uns nichts anders übrig, als eine behelfsmässige Reparatur vorzunehmen. Mit Schnur wird die gebrochene Blattfeder an die intakte Blattfeder gebunden. Dies deshalb, damit die gebrochene Blattfeder beim Einfedern des Fahrzeuges nicht die Geometrie der Lenktange verändern kann. Frustriert und genervt fahren wir noch einige Kilometer bis zu unserm Schlafplatz auf einem kleinen Hügel.

5. Juli 2008

Heute heisst es langsam zurück nach Mbalizi (nähe Mbeya) in eine angeblich gute Werkstatt zu tuckern. Sehr langsam fahren wir über die nervtötende Piste zurück. Nach neun Stunden Fahrt, welche nur durch ganz kleine Pausen unterbrochen wird, erreichen wir in Mbalizi eine Kfz-Werkstatt. Der Chef, ein Schweizer Missionar namens Markus Lehner, teilt uns mit, dass wir am Montag vorbeikommen sollen. Dann würde ein Mechaniker sich trotz des tansanischen Nationalfeiertages unserer Blattfeder annehmen – gegen entsprechende Bezahlung natürlich. Er empfiehlt uns ein ebenfalls von der Mission geleitetes Hotel. Dort angekommen müssen wir in unserem Zimmer zuerst etliche Spinnen und andere Getiere ins Jenseits befördern – deren Gesellschaft ist uns einfach zuwenig geheuer. Wir haben ja schon einmal in Simbabwe eine sehr nette Bekanntschaft mit einem Skorpion machen dürfen…

6. Juli 2008

Während Markus sich an der Reinigung des Wasserfilters versucht und die Mittelkonsole neu aufräumt, wäscht Helen alle schmutzigen Kleider und räumt das restliche Auto auf. Zum Mittagessen gibt es auf der Terrasse zubereitete Rösti. Der Hotelkoch ist etwas traurig, dass wir nicht im Restaurant essen, sind wir doch fast die einzigen Gäste… Obwohl wir auch diesen Abend wieder auf Spinnenjagd gehen müssen, sind wir froh, in der Nähe von der Kfz-Werkstatt übernachten und duschen zu können. Dass bei der Dusche nur der Warmwasserhahn geht und trotzdem eiskaltes Wasser rauskommt, ist ja nur ein Detail. Ach ja, die Eidechse und das "Blatt-Insekt" haben wir natürlich laufen lassen...

7. Juli 2008

Da laut Aussage von Markus Lehner ein Kunde kürzlich beim Herauffahren auf die Rampe von derselben gestürzt ist und es sehr mühsam war, das Fahrzeug wieder flottzukriegen, dürfen nur noch der Werkstattchef und Markus Lehner die Autos auf die Rampe fahren. Widerwillig erklären wir uns einverstanden, dass nicht Helen oder Markus, sondern der Missionar unseren Santi auf die Rampe hochfährt. Etwas erstaunt nehmen wir zur Kenntnis, dass er am Verteilergetriebeschalthebel herumwürgt wie ein Elefant, und beim Herauffahren auf die Rampe kleine Kurven fährt. Anschliessend teilt er uns mit, dass unsere Anwesenheit von den Mechanikern nicht gewünscht werde, weshalb wir uns in eine Ecke verziehen und die Männer arbeiten lassen. Er dagegen verabschiedet sich und macht mit ein paar Bekannten einen Ausflug, wobei er uns erklärt, am Nachmittag wieder in der Garage einzutreffen.

Manchmal wäre Ungehorsam die bessere Variante, denn die Mechaniker rücken der noch erhaltenen Blattfeder mit der Trennscheibe zu Leibe. Nachdem sie diese noch intakte Blattfeder zerstört haben, stellen sie fest, dass die von ihnen angedachte Ersatzfeder (ein Blattfederpaket einer Toyota Landcruiser-Hinterachse) viel zu lang ist. Deshalb schweissen sie die gebrochene und die zerstörte Blattfeder kurzerhand wieder zusammen. Von den zur Verfügung stehenden Alternativen (Montage der geschweissten Blattfeder mit einem zusätzlichen Federblatt oder Montage eines Land Rover-Federpaketes) erscheint uns Letzteres als das Sinnvollere. Aber erst auf unser nachdrückliches Verlangen, ein Land Rover-Blattfederpaket zu montieren, sind sie bereit, ein solches zu organisieren. Sich nerven bringt nichts, aber es ist nicht immer einfach, ruhig zu bleiben! Nach vielen Stunden sind die beiden Blattfederpakete endlich montiert, und der Santi wäre abfahrbereit. Ja, richtig gelesen: Wäre. Wenn die Sache mit dem Verteilergetriebeschalthebel nicht gewesen wäre. Unser Santana hält viel aus, aber kein Herumgewürge an diesem Schalthebel. Jetzt ist er völlig blockiert. Unter der Anleitung von Markus wird der Schalthebel ausgebaut, der Mechanismus wieder gerichtet und der Schalthebel anschliessend wieder eingebaut. Leider hat Markus sich während des Einbaus kurz mit dem Missionar unterhalten, welcher anfänglich abstritt, einen Fehler gemacht zu haben. Die Folge ist ein fehlerhafter Wiedereinbau und ein Schalthebel, der wiederum blockiert ist. Mittlerweile ist es dunkel geworden, und mit Stirnlampen wird die gleiche Übung wiederholt. Der Missionar meint, wenn er gewusst hätte, dass es sich bei unserem Auto um einen Santana und nicht um einen Land Rover handle, dass ein Santana kein Herumgewürge am Verteilergetriebeschalthebel ertrage, beim Santana zwischen Zwei- und Allradantrieb gewählt werden könne und beim Allradmodus automatisch das Mitteldifferential gesperrt werde - ja dann wäre das alles nicht passiert. Bleibt anzumerken, dass unser Auto vorne, hinten und auf dem Lenkrad mit "Santana" angeschrieben ist und auf dem Verteilergetriebeschalthebel sogar für stark Sehschwache klar ersichtlich 2H - 4H - 4L steht. Markus würde diesen fachunkundigen, besserwisserischen und hochnäsigen Missionar am liebsten auf dem direkten Weg ins Paradies befördern, aber seine gute Kinderstube und Helen können ihn daran hindern. Dass kaum ein Wort des Bedauerns über seine Lippen kommt und seine Rechnung abenteuerlich hoch ausfällt, passt ins Gesamtbild dieses fragwürdigen Missionars. Empfehlen können wir diese Kfz-Werkstatt beim besten Willen niemandem!

Zufälligerweise fahren während der Blattfedermontage Andy und Edie Bartharpe, die wir in Lusaka auf dem Shoprite-Parkplatz getroffen haben und mit ihrem Land Rover 110 bis Weihnachten zu Hause (in Grossbritannien) einzutreffen gedenken, auf den Innenhof der Garage. Sie residieren momentan in der Utengule Coffee Lodge und ermuntern uns, die kommende Nacht auch dort zu verbringen. Weil der Einbau des Verteilergetriebeschalthebels insgesamt gut fünf Stunden dauert, fährt Andy um sechs Uhr extra von der Utengule-Lodge zu uns in die Garage, damit er, falls wir unser Auto dort lassen müssten, mit ihm in die Lodge mitfahren könnten. Diese Geste freut uns ausserordentlich und wir versichern ihm, dass wir, sobald der Santi wieder fahrbereit ist, zu dieser Lodge fahren würden. Dort angekommen, übernachten wir direkt auf dem Vorplatz ihres Bungalows und dürfen sogar ihr Badezimmer benützen. Nach der sehr negativ ausgefallenen Erfahrung mit dem Missionar freuen uns die Menschlichkeit, Freundlichkeit und Offenheit dieses älteren Ehepaares ausserordentlich.

8. Juli 2008

Durch den Ärger der Reparatur kommen wir kaum zum Schlaf. Umso mehr freuen wir uns, dass wir mit Andy und Edie in der Utengule Coffee Lodge hervorragend frühstücken. Daraufhin verabschieden wir uns und starten westwärts auf einer guten Teerstrasse in Richtung Tunduma, wo wir wieder auf die fürchterliche Rüttelpiste gelangen. Tunduma ist eine typische Grenzstadt - es wimmelt überall von Menschen und überall stapelt sich der Abfall. In diesem Sinne darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass Afrika nicht nur über wunderschöne Gegenden, spannende Kulturen und interessante Menschen verfügt, sondern dass auch diese traurige "Abfallbeseitigung und Abfallverwertung" dazugehört.

Nur sehr vorsichtig fahren wir auf dieser wirklich elenden Piste, welche uns dafür bis auf 2'300 m.ü.M. führt, und erreichen Sumbawanga bei tiefster Dunkelheit. Unseren ursprünglichen Plan, im Missionshotel zu übernachten verwerfen wir bald, da wir auf der Suche nach demselbigen einen guten Übernachtungsplatz im Innenhof des Forest Inn finden. Mehrmals erklären wir dem Personal unseren Wunsch, weder etwas Essen noch im Restaurant Platz nehmen zu wollen, sondern nur noch schlafen möchten. Wir sind froh, schon beim Fahren unser vorgekochtes Essen herunter geschlungen zu haben, so dass wir uns nach 12 Stunden Autofahrt müde in unseren  Schlafsack einmummeln. Schliesslich soll es morgen um sechs Uhr früh weitergehen.

9. Juli bis 11. Juli 2008

Frühmorgens tanken wir etwas Diesel und befinden uns bald darauf auf einer einsamen Piste in Richtung Norden. Unser Ziel ist es, Tansania im Westen möglichst rasch in nördlicher Richtung zu durchqueren und in Rwanda die Gorillas zu besuchen.

Unterwegas fahren wir durch riesige Ebenen, aus denen ein paar Hügel herausragen, und wir wähnen uns wie in der Prärie. Die wenigen Menschen, denen wir begegnen, sind grossteils sehr scheu und zurückhaltend. Wie in unserem Führer richtig ausgeführt wird, ist der Westen von Tansania touristisch weder erschlossen noch attraktiv. Dies erklärt wohl die Zurückhaltung der Einheimischen gegenüber weissen Touristen. Bei einem Mann jedoch ist der Stolz über seinen Schmuck grösser als seine Zurückhaltung. Am ganzen Körper trägt er Unmengen von Reifen. Sogar der Hals ist bedeckt mit farbigen Ketten.

Mehrheitlich ist die Piste schlecht bis sehr schlecht, ab und zu darf aber auch das Autobahn-Feeling aufkommen. Teilweise wird die Piste neu gebaut. Hierzu schlagen die Strassenarbeiter eine mindestens 10 Meter breite Bresche durch den Wald. Auf einer solchen Neubaustrecke machen wir einen Fotohalt. Leider merken wir zu spät, dass wir uns in einem Tsetse-Fliegen verseuchten Gebiet befinden und diese Viecher in Scharen in unser Auto eindringen. Während Markus in Ruhe die Strasse fotografiert, kämpft Helen tapfer um ihr Leben. Entsetzt springt Markus zur Hilfestellung herbei und legt vor lauter Aufregung den Fotoapparat neben das Auto auf die Erde. Als dann endlich alle Tsetse-Fliegen vertrieben sind, geht die Fahrt auch wieder weiter. Während Helen fährt, bemerkt Markus in seinem Blickwinkel etwas Schwarzes. Dass es sich bei diesem schwarzen Ding um unseren Fotoapparat handelt, bemerken wir leider erst bei unserem nächsten Fotohalt, welcher sich 7 km weiter befindet. Unser Fotoapparat bleibt also ihm wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke. Total aufgewühlt fahren wir im Tempo des vierfach gehetzten Affen (schnell wie ein ICE) zurück und beten, dass unser Fotoapparat noch von niemandem gefunden oder überfahren worden ist. Als wir in der Ferne am Strassenrand etwas Schwarzes entdecken, fällt uns ein Stein vom Herzen! Wir haben unseren geliebten Fotoapparat wieder.

Wie für den Mauerbau verwendete Lehmziegel hergestellt werden, haben wir in Moçambique erklärt. Dass auf eine ähnliche Art und Weise riesige Rohre hergestellt werden, erfahren wir erst, wie wir einen kleinen Fluss überqueren und am Flussufer eine "Rohrwerkstatt" bemerken. Im wahrsten Sinne des Wortes liegen hunderte von Rohrteilen mit einem Durchmesser von ca. einem Meter nebeneinander und werden von Sonne und Wind getrocknet.

Bald darauf geht es durch den von unzähligen Tsetse-Fliegen verseuchten Katavi Nationalpark. Die Piste wird zunehmend schlechter und wechselt sich ab und zu mit Sandpassagen ab. Der ursprünglich tierreiche Nationalpark erweist sich als wie leergefegt. Die einzigen Tiere, die wir zu sehen bekommen, sind Tsetse-Fliegen. Diese Viecher haben die überaus lästige Angewohnheit, sich an der Karosserie und den vor die Fenster gespannten Moskitonetzen festzukrallen und so mit uns durch den Park zu reisen. Obwohl wir uns beim Kochen langärmlig anziehen und alle nicht bedeckten Körperstellen mit reichlich "Daylong Sun & Pic 25" einstreichen, umschwirren uns die Tsetse-Fliegen und wollen uns stechen. Damit die Tsetse-Fliegen nicht auf uns landen können, tanzen wir um unseren Kochtopf und hüpfen regelrecht ins Auto. Dank all dieser etwas lustig anmutenden, aber überaus wirksamen Massnahmen bleiben wir frei von Stichen der Tsetse-Fliegen, und kein einziges Viech findet den Weg ins Innere des Autos. 

Nach einer knappen Tagesreise erreichen wir Mpanda. Dieser Ort dient vor allem dem Güterumschlag von der Bahn auf Lkws. Von hier aus werden tonnenweise Hilfsgüter in die im äussersten Westen von Tansania angesiedelten Flüchtlingslager gekarrt. Von Mpanda führt uns die Piste während einem knappen Tag nach Uvinza. Während der gesamten Fahrt sind wir wiederum von Tsetse-Fliegen umgeben, und uns wird klar, weshalb die Menschen das Gebiet diesen Plagegeistern überlassen haben. Viehzucht ist nicht möglich (die Schlafkrankheit wird sowohl auf den Menschen wie auch auf Vieh übertragen), und das Leben mit den Tsetse-Fliegen ist kaum möglich, zumal der Stich eines solchen Insekts ziemlich schmerzhaft sein soll (zum Glück blieb uns diese Erfahrung erspart!) und eine Infektion mit der sog. Schlafkrankheit ohne medizinische Versorgung früher oder später zum Tode führt. Unterwegs treffen wir denn auch auf mehrere verlassene Siedlungen, und die wenigen bewohnten Siedlungen kündigen sich schon von weitem aufgrund der verbrannten Erde an. Der Begriff "verbrannte Erde" ist durchaus wörtlich gemeint, denn um die Tsetse-Fliegen von den Siedlungen fern zu halten, brennen die Menschen das Gebiet um die Häuser weiträumig und immer wieder ab. Es handelt sich dabei um kontrollierte Buschfeuer, die sich langsam entlang der Piste und um die Dörfer ihren Weg durch den Mopanewald brennen.

Wir fahren über zum Teil scharfkantige Stufen an steilen und sehr steinigen Steigungen, bis wir ca. 20 km vor Uvinza auf einen mit Holz vollbeladenen Lkw treffen, der sich vor uns langsam über die Piste quält. Wie wir ihn überholen, stellen wir fest, dass es sich beileibe nicht um den einzigen Lkw handelt. Im Gegenteil, vor uns schlängelt sich eine ganze Reihe von Lkws in Richtung Uvinza, und allesamt sind bis zum Bersten mit Holz beladen. Ab und zu fällt ein Stück Holz auf die Piste, wobei es sich bei diesen "Stücken" um rund einen Meter lange Baumstammteile handelt, denen man irgendwie ausweichen sollte... Das Holz wird übrigens in das Salzwerk von Uvinza transportiert, wo seit 1904 aus dem salzhaltigen Wasser des Flusses "Malagarasi" Salz gewonnen wird. Das Flusswasser wird per Holzheizung aufgeheizt und das durch Verdunstung gewonnenen Kochsalz nach Rwanda, Burundi und Uganda exportiert. Die Grösse der mittlerweile abgeholzten Fläche kann man sich ja vorstellen... Die Bevölkerung lässt das Flusswasser auch selber verdunsten und verkauft das dergestalt gewonnene Salz in kleinen Säckchen am Strassenrand.


Die Weiterfahrt via Kasulu nach Kibondo ist wenig abwechslungsreich; die Piste bleibt mühsam und knüppelhart. Wenigstens nimmt die Population von Tsetse-Fliegen langsam aber stetig ab. In Kibondo machen wir uns auf die Suche nach einer Übernachtungsgelegenheit. Da uns die Guesthouses nicht besonders zusagen, klopfen wir beim UNHCR an und fragen, ob wir unser Auto bei ihnen im umzäunten Gelände für eine Nacht einstellen dürften. Obwohl auf dem Gelände hunderte von Fahrzeugen Platz hätten, werden wir mit fadenscheinigen Begründungen abgewiesen. Unter anderem wird vorgebracht, nur UNHCR-Mitglieder dürfen das Gelände betreten. Leider bleibt unser umgehend vorgebrachtes Begehren, UNHCR-Mitglied zu werden, unbeantwortet... Wenigstens führt uns ein Security-Mitarbeiter zu einem Guesthouse mit einem umzäunten und bewachten Parkplatz, wo wir denn auch die Nacht verbringen.

In Nyakasanza treffen wir nach knapp 1'000 km brutal harter und materialbeanspruchender Piste auf die Teerstrasse. In den vergangenen Tagen bzw. seit Sumbawanga sind wir praktisch nur noch Fahrzeugen der UNO, vom UNHCR, vom WFP oder von anderen Hilfsorganisationen begegnet. Wie bereits in Moçambique ist uns auch hier wieder aufgefallen, wie rücksichtslos die Mitarbeiter dieser Organisationen mit dem ihnen zur Verfügung gestellten Material umgehen. Egal ob per Lkw oder per luxuriösem Landcruiser (Standardfahrzeug dieser Organisationen) - wie auch die Einheimischen fahren sie auf Teufel komm raus. Mit ungeheurem Tempo flitzen sie über die Pisten und sind dabei darauf angewiesen, dass ihnen entgegenkommende Fahrzeuge ausweichen. Mehrmals beobachten wir, wie insbesondere die Landcruiser durch Kurven schlittern und nur mit grosser Mühe nicht von der Piste abkommen.

Kinderarbeit ist ein Thema, welches uns in Afrika immer wieder begegnet. Uns tun diese Kinder leid, wird ihnen doch ihre ganze Kindheit "weggenommen". Zudem ist es fraglich, ob sich die bereits in jungen Jahren verrichtete Arbeit positiv auf die körperliche Entwicklung auswirkt. Was sich sicherlich nicht positiv auswirkt, ist der Umstand, dass diesen Kindern der Schulbesuch oft verunmöglicht wird, weil den Eltern das Schulgeld fehlt bzw. sie auf die Mitarbeit der Kinder angewiesen sind. Unseres Erachtens wäre es angebracht, wenn sich die Hilfsorganisationen dieses Themas etwas verstärkt annehmen würden, statt dort "Hilfe" zu leisten, wo keine Hilfe mehr benötigt wird.

Zwar haben wir unser Ziel, Tansania im Westen auf fürchterlichen Pisten innerhalb von fünf Tagen zu durchqueren, geschafft, haben uns aber aufgrund der nervigen und aggressiven Tsetse-Fliegen fast keine Stopps und keine Mittagspausen gegönnt. Wegen dieser tagaktiven Viecher sind wir am Morgen bereits um sechs Uhr aufgestanden und bis zum Eindunkeln durchgefahren. Dies macht sich durch eine tiefe Müdigkeit bemerkbar und wir beabsichtigen, uns in Kigali etwas zu erholen.

Nach Nyakasanza sind es nur noch wenige Kilometer auf guter Teerstrasse bis zur Grenze. Die Strasse windet sich in vielen Kurven durch Berge, und in der Ferne lassen sich viele Hügel entdecken, die von weitem wie mit Samt überzogen aussehen. Die Ausreiseformalitäten gehen wie so oft zügig vonstatten, und schon bald überqueren wir den Grenzfluss Kagera, welcher sich als braune Brühe entpuppt. Von der rwandischen Schlagbaumbedienerin erhalten wir sogar die Erlaubnis,...

 

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